Man versteht unter Hammerzeh oder Krallenzeh Fehlstellungen der Zehen II – V mit übermäßiger Beugung und Bewegungseinschränkung der Zehengelenke. Dadurch kommt es zu Konflikt am Schuh und zu schmerzhaften Schwielen.

Fußspezialist Dr.-medic Manuel Nastai

AUTOR
Dr.-medic Manuel Nastai
Fuß- und Sprunggelenkspezialist

Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen nach aktuellem wissenschaftlichen Stand zu Aufklärungszwecken bereitgestellt. Er dient der medizinischen Aufklärung und nicht zur Selbstdiagnose. Er ersetzt keine Vorstellung bei einem Facharzt.

INHALTSVERZEICHNIS

Welche Knochen, Gelenke und Sehnen haben die Zehen? Wie entstehen die Bewegungen der kleinen Zehen?

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Welche Gelenke sind gebeugt und welche gestreckt? wo entstehen die Schwielen?

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Die Ursachen sind falsches Schuhwerk, Großzehenfehlstellungen (z.B. Hallux valgus), Nervenschäden infolge Krankheiten (z.B. Diabetes mellitus), Unfälle usw.

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Durch die Beugefehlstellung kommt es zum Schuhkonflikt, Schwielenbildung und Metatarsalgie.

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Die konservative Therapie bei Hammer- und Krallenzehen beinhaltet:

  • Änderung des Schuhwerks
  • Fußgymnastik
  • Hilfsmittel

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Die Hammer- und Krallenzehen können durch verschiedene Sehnen- und gelenkeingriffe korrigiert werden. Diese können auch minimalinvasiv durchgeführt werden.

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Zehenanatomie

Jeder Zeh (außer die Großzehe) hat drei Knochen: Grund-, Mittel- und Endglied. Diese bilden zusammen jeweils drei Gelenke: Grund- (MTP), Mittel- (PIP) und Endgelenk (DIP). Diese Gelenke bewegen sich nur in einer Ebene; das bedeutet sie können nur gestreckt oder gebeugt werden.

Die Zehenbeweglichkeit wird durch den Zug verschiedener Muskeln über Sehnen gesteuert. Jeder Zeh hat 2 Strecksehnen und 2 Beugersehnen:

  • die lange Strecksehne (med. Extensor digitorum longus, EDL) – setzt sich auf Mittel- und Endglied an und streckt sowohl das MTP, das PIP als auch das DIP. Sie trägt in der Schwundphase des Gehens zu der Streckung des Sprunggelenkes bei.
  • die kurze Strecksehne (med. Extensor digitorum brevis, EDB) – setzt sich auf Grundglied an und ist ein kräftiger Strecker des MTP.
  • die lange Beugersehne (med. Flexor digitorum longus, FDL) – setzt sich auf Endglied an und beugt sowohl das PIP als auch das DIP. 
  • die kurze Beugersehne (med. Flexor digitorum brevis, FDB) – setzt sich auf Mittelglied an und beugt lediglich das PIP.

Auf beiden Seiten des Zehs verlaufen jeweils zwei Nerven mit begleitenden Gefäßen. 

Was ist der Unterschied?

Ein normaler Zeh ist unter Belastung gerade und seine drei Gelenke sind frei beweglich. Die folgenden Zehenfehlstellungen zeigen eine übermäßige Beugung und/oder Streckung eines oder mehrerer Gelenke.

Oft besteht Unterschiede in der Nomenklatur dieser Zehenfehlstellungen. In den verfügbaren Informationsquellen für die Patienten werden verschiedene Begriffe für die gleiche Fehlstellung benutzt. Hier eine Erklärung der drei wichtigsten Fehlstellungen der kleinen Zehen (en. Lesser toe deformities) auch mit den entsprechenden englischen Begriffe:

  • Bei der Hammerzehe (en. Hammer toe, lat. Digitus malleus) ist das PIP gebeugt, DIP und MTP sind normal. Beim Hammerzeh besteht eine Verkürzung des FDB.
  • Bei der Krallenzehe (Klauenzeh, en. Claw toe) sind PIP und DIP gebeugt und das MTP ist überstreckt. Hier besteht zusätzlich eine Verkürzung der Strecksehnen.
  • Bei der Malletzehe ist das DIP gebeugt und alle anderen Gelenken sind normal.
Hammerzehe D2
Krallenzehen D1-5
Malletzehe D2

Warum entstehen die Zehenfehlstellungen?

Die Hammerzehen entstehen durch ein Ungleichgewicht der Fußmuskeln. Beim normalen Zeh arbeiten die Streck- und Beugermuskeln zusammen und führen den Zeh in Beugung oder Streckung. Wenn dieses Zusammenspiel aus verschiedenen Gründe gestört wird, wird auf den Zeh Zug in einer Richtung ausgeübt und führt zu einer Fehlstellung.

Ein Grund dafür ist das Tragen von unpassendem Schuhwerk. Schuhe mit enger Spitze drücken die Zehen in einer gebeugten Stellung. Wenn der Zeh eine verlängerte Zeit in solcher Position gehalten wird kommt es zu einer Verkürzung der Sehnen und zu Fixierung des Zehs in dieser Stellung. Die Zehen reiben am Schuh und entstehen Schwielen, welche die Schmerzen verschlechtern. Hohe Schuhe zwingen den Fuß nach unten, die Zehen werden gegen den Schuh gedrückt und die Zehenbeugung wird verstärkt.

Oft wird das Schuhwerk für die Entstehung der Krallenzehen beschuldigt. Jedoch entstehen diese öfters infolge einer Nervenproblematik, die von Krankheiten wie Zuckerkrankheit (med. Diabetes mellitus), Alkoholismus verursacht wird. Diese Krankheiten schwächen die Fußmuskeln und führen zum o.g. Muskelungleichgewicht. Die Krallenzehen drücken sich in den Schuhsohlen und führen zur Fußsohlenschwielen.

Andere Ursachen für Krallenzehen sind: das Kompartmentsyndrom, die Polyneuropathie, verschiedene Beinlähmungen usw. Oft entstehen Krallenzehe beim Hohlfuß (med. Pes cavovarus) auch infolge einer neurologischen Störung.

Fehlstellungen der Großzehe (z.B. Hallux valgus) zwingen den zweiten Zeh zur Überstreckung (med. Digitus secundus superductus). Nach längerer Zeit verkürzen die Beugersehnen und die Fehlstellung bleibt kontrakt. Entzündungen der Zehengelenke (z.B. im Rahmen rheumatoider Erkrankungen) zerstören die stabilisierenden Gelenkbänder und -kapsel und führen zu Zehenfehlstellungen.

Beim Mallet toe findet man oft ein Unfall und der Vorgeschichte. Diese Fehlstellung ist demzufolge oft eine Unfallfolge mit DIP-Gelenkschädigung. Andere Ursachen sind Zehen-Wachstumsstörungen im Kinderalter mit vermindertem Wachstum des unteren Gelenkanteil. 

Die kleinen Zehen werden durch den nach außen abweichenden Großzeh (Hallux valgus) verdrängt. So entwickeln sich Kleinzehenfehlstellungen. Hier im Bild Hammerzehe D2 und Knopfloch-Deformität D3.

Symptome

Die Hammer- und Krallenzehe nehmen durch die Beugestellung an Höhe zu, dadurch kommt es zur Reibung am Schuh. An den Reibungsstellen entwickeln sich Hühneraugen (med. Clavus). Der Druck des Schuhs auf die gebeugten Zehen wird auf den Mittelfußknochen weitergeleitet und führt zur Bildung von Fußsohlenschmerzen (med. Metatarsalgie).

Klavus an der Fußsohle durch die Fehlbelastung bei Krallenzehenbildung des zweiten und dritten Zehs.

Wie kann man die Hammerzehen behandeln?

Was kann ich gegen Hammerzehen und Krallenzehen selbst tun?

Die konservative Therapie bei Hammer- und Krallenzehen beinhaltet:

  • Änderung des Schuhwerks
  • Fußgymnastik
  • Hilfsmittel

Änderung des Schuhwerks. Man sollte enge, zu kurze Schuhe sowie Schuhe mit hohem Absatz vermeiden. Die Schuhe sollten eine Nummer größer gewählt werden (1 cm länger als der längste Zeh) und sollten über einen räumigen, weichen Zehenraum verfügen. Bei fixierten Fehlstellungen empfehlen sich das Tragen von offenen Schuhen (z.B. Sandalen).

 

Fußgymnastik. Manuelle Dehnungen der Zehengelenke helfen die Zehenbeweglichkeit zu erhalten. Übungen zur Kräftigung der Fußmuskulatur können das Muskelgleichgewicht wiederherstellen. Eine Übung ist das Heben von Gegenstände (z.B. Bleistift) mit den Zehen. Eine andere gängige Übung ist “die Raupe”. Mit dem Fuß auf einem Tuch flach angelegt versucht man durch die Beugung der Zehen Falten in einem Tuch zu machen. 

Hilfsmittel. Solange der Zeh passiv streckbar ist, kann man durch Verwendung verschiedener Hilfsmittel  (z.B. Zehenspreizer) eine Linderung erzielen. Wenn der Zeh in Beugestellung fixiert ist, kommen verschiedene polsternde Hilfsmittel (z.B. Polsterschläuche) zum Einsatz.

Fußübungen für Hammerzehe
"Die Raupe", © Foto übernommen von https://lmy.de/n8okH .
Polsterschlauch für Hammerzehe
Polsterschlauch zum Schutz einer Hammerzehe D2. Nebenbefundlich Hallux valgus.

Alle oben genannten Methoden verzögern eine Weiterentwicklung der Fehlstellung, können jedoch dies nicht stoppen. Wenn alle konservativen Maßnahmen fehlschlagen, besteht die Indikation zur operativen Korrektur.

Operationen bei Hammer- und Krallenzehen

Die noch passiv streckbaren Hammerzehen werden durch Verlagerung der Beugesehne (Operation nach Girdlestone-Taylor) korrigiert. Die Beugersehne wird als Schlinge oben auf dem Zeh vernäht, dadurch  wird ein Streckeffekt im PIP-Gelenk erzeugt.

Bei den kontrakten Hammerzehen wird die kurze Beugersehne durchtrennt und die Zehenknochen werden durch kleine Schnitte mit einer speziellen Fräse durchgetrennt. Die durchtrennten Knochen werden dann geradegestellt und in dieser Stellung bis zur knöcherner Verheilung mit Tapeverband fixiert (sog. Minimal invasive Hammerzehenkorrektur). Ältere operative Methoden wie PIP-Resektionsarthroplastik nach Hohmann oder PIP-Arthrodesen werden noch nur in bestimmten Situationen (z.B. Rheuma) durchgeführt.

Die Krallenzehen werden wie die Hammerzehe korrigiert, zusätzlich wird hier die lange Strecksehne durchtrennt.

Ergebnis nach operativer Krallenzehenkorrektur. Links Patientin mit neurogenem Hohlfuß und Krallenzehen präoperativ. Rechts das Ergebnis sechs Wochen nach Operation.

Fallbeispiele Kleinzehenkorrektur

Hammerzehen-Korrektur

Minimalinvasiv, D2-5

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