Ihre Großzehe ist steif geworden und sie schmerzt beim Abrollen? Haben sich knöcherne Anbauten am Gelenk gebildet und es reibt am Schuh? Dann leiden Sie an einem Hallux rigidus. Konservative Maßnahmen wie Schuheinlagen, Schuhänderungen oder Spritzen helfen eine Weile. Wenn die konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, hilft eine Hallux rigidus Operation die Beschwerden an der Großzehe zu lindern.

Hier informieren wir Sie über die erfolgreichste operative Methode des endgradigen Hallux rigidus. Durch einen kleinen Schnitt werden die knöchernen Anbauten abgetragen, die Gelenkflächen gesäubert und das Gelenk in gerader Stellung mit Metallimplantaten fixiert. Als aktueller goldener Standard erlaubt eine Versteifung des Großzehengrundgelenks (med. Arthrodese) eine schnelle Genesung mit unmittelbar postoperativer Vollbelastung ohne Gehstützen, wenig Komplikationen und eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität.

Was ist ein Hallux rigidus?

Der Hallux rigidus ist eine degenerative Erkrankung des Großzehengrundgelenks, die durch zunehmende Bewegungseinschränkung und Verschleiß gekennzeichnet ist. 

Oft besteht eine Verwechslung mit dem Hallux valgus (Ballenzehe). Wenn bei dieser Fehlstellung ist die Großzehe schief und das Mittelfußköpfchen sich nach innen vorwölbt, ist beim Hallux rigidus die Großzehe i.d.R. gerade. In manchen Situationen kann die Großzehe eine “Bananenform” haben (med. Hallux valgus interphalangeus), aber das Großzehengrundgelenk artikuliert gut.  

Wer bekommt Hallux rigidus?

Diese Krankheit entsteht leicht öfter bei Männern als bei Frauen. Die Bewegungseinschränkung kann früh, sogar in der 2. Lebensdekade (mit 18 Jahren) entstehen. Die meisten Patienten stellen sich aber in der 5.-6. Lebensdekade in der Sprechstunde vor.

Man weiß es nicht warum sich ein Hallux rigidus entwickelt. Man bemerkt eine höhere Häufigkeit bei Menschen mit ägyptischer Fußform (Großzehe länger als die zweite Zeh).

Symptome bei Hallux rigidus

Wie erkennt man einen Hallux rigidus? Wo schmerzt ein Hallux rigidus? Wie macht sich eine Arthrose am Hallux erkennbar? Wie äußert sich eine Arthrose am Zeh?

In den Frühstadien klagen Patienten lediglich über Schmerzen aufgrund der Reibung der knöchernen Vorwölbungen am Schuh. Später macht sich die Gelenksteife bemerkbar. Für ein normales Gangbild soll das Großzehengrundgelenk um ca. 90° streckbar sein. Je geringer der Bewegungsumfang, desto beeinträchtigter ist der Abrollvorgang. Es entstehen Schmerzen im Vorfußbereich, manchmal mit Ausstrahlung in Richtung Sprunggelenk v.A. in der Abstoßphase des Gangzyklus (wenn die Ferse sich vom Boden hebt).

Mit zunehmender Großzehensteife rollt man über die Außenkante des Fußes. Dies führt zur Überbelastung des Fußaußenrandes und Bildung von schmerzhaften Schwielen sowie Schmerzen.

Diagnostik

Klinische Untersuchung

Eine klinische Untersuchung ist ausreichend, um die Diagnose zu stellen. Eine reduzierte Streckbarkeit ist das erste Zeichen der Krankheit. In fortgeschrittenen Stadien kann man eine knöcherne Vorwölbung am Mittelfußköpfchen tasten und eine Rötung durch Reibung am Schuh erkennen. Beim Durchbewegen des Gelenkes können knöcherne Hindernisse getastet werden. Durch das Durchbewegen des Großzehengundgelenkes unter axialem Druck (Grind-Test) kann man einen Schmerz provozieren.
Auf Röntgen-Aufnahmen erkennt man wie fortgeschritten die Arthrose ist.

Eine normale Streckfähigkeit des Großzehengrundgelenks ist erforderlich für ein normales Abrollen.
Sichtbarer Osteophyt dorsal am Großzehengrundgelenk. Die Reibung am Schuh bereitet dem Patienten Schmerzen.
Sichtbarer Osteophyt dorsal am Großzehengrundgelenk. Die Reibung am Schuh bereitet der Patientin Schmerzen.

Röntgen

Die Röntgen-Aufnahmen werden immer unter Belastung (im Stehen) durchgeführt. Auf der seitlichen Aufnahme erkennt man oft einen Hochstand des ersten Mittelfußknochens im Bezug auf dem Grundglied (med. Metatarsus primus elevatus). In wie weit diese Fehlstellung die Ursache oder die Folge des Hallux rigidus ist, ist immer noch umstritten. Es spielt jedoch in unseren Augen auch keine Rolle. Wir behandeln den Hallux rigidus mit und ohne Metatarsus primus elevatus gleich.

Hallux rigidus Stadien auf der dorsoplantaren Aufnahme
Dorsoplantare Röntgen-Aufnahmen in den verschiedenen Stadien des Hallux rigidus
Hallux rigidus Stadien auf der seitlichen Aufnahme
Dorsoplantare Röntgen-Aufnahmen in den verschiedenen Stadien des Hallux rigidus

MRT

Eine Kernspintomographie (MRT) spielt für uns keine Rolle in der Diagnose. Man kann zwar früher als im Röntgenbild ein Knorpelschaden erkennen, jedoch gibt keine therapeutisch nutzbare Informationen.

Wie kann man einen Hallux rigidus vorbeugen?

Der Hallux rigidus entsteht durch eine angeborene Veranlagung. Es gibt keine Möglichkeit den Hallux rigidus zu verhindern oder gar die Fortschreitung der Krankheit zu stoppen. Sobald man merkt, dass die Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks abnimmt, kann man durch intensive Bewegungsübungen das Gelenk längerer Zeit beweglich halten. Durch das Tragen von Schuhen mit räumigem Zehenraum und weicher Zehenkappe kann man den Schuhkonflikt an den knöchernen Anbauten reduzieren.

Was passiert wenn nicht operiert wird?

Der Hallux rigidus schreitet spontan mit oder ohne Operation fort. Die Anmerkung, dass man schnell operieren soll, damit es nicht schlimmer wird, ist einfach falsch.

 

Ziele der Hallux rigidus-Behandlung?

Ein normales Gangbild erfordert eine Streckbarkeit des Großzehengrundgelenkes um 90°. Aus diesem Grund erzielt man bei der Hallux rigidus-Behandlung eine Verbesserung der Streckbarkeit und eine Schmerzlinderung.

Durch eine effiziente Schmerzbehandlung durch orale Antiphlogistika-Einnahme (z.B. Ibuprofen) oder intraartikuläre Infiltrationen (z.B. mit Hyaluronsäure oder Eigenblut) kann man Bewegungsübungen ermöglichen und dadurch die Beweglichkeit in beginnenden Stadien verbessern.

Wenn die Gelenkdegeneration ein bestimmtes Stadium übertrifft, besteht keine konservative Möglichkeit mehr, die Beweglichkeit zu verbessern. Hier kann man durch verschiedene operative Eingriffe (z.B. Youngswick +/- Moberg-Osteotomien, Chelektomie) – mehr oder weniger erfolgreich – die Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks zu verbessern. Hier ist eine intensive postoperative Bewegungsbehandlung für ein gutes Ergebnis erforderlich.

Bei Patienten, die keine Operation möchten, ist in diesem Stadium eine Änderung des Behandlungskonzeptes erforderlich. Anstatt das Gelenk beweglicher zu bekommen, werden ruhigstellende Maßnahmen durchgeführt. Dadurch erzielt man eine Verbesserung des Abrollens. Durch Schuheinlagen mit Rigidusfeder sowie Schuhzurichtungen werden die Beweglichkeit und somit die Reibung der beschädigten Gelenkflächen und die Schmerzen reduziert.

Wenn durch konservative Maßnahmen diese Ziele nicht mehr erreichbar sind, sind operative Maßnahmen indiziert. Das aktuell goldene Standard ist eine Versteifung des Großzehengrundgelenks (med. Großzehengrundgelenksarthrodese). Andere Optionen sind ein Gelenkersatz (Implantation einer Großzehengrundgelenksprothese), Entfernung des Gelenks (z.B. Resektionsarthroplastik nach Keller-Brandes) oder das Einbringen von Platzhalter ins Gelenk (med. Interpositionsarthoplastik, z.B. Cartiva).

Konservative Behandlung bei Hallux rigidus

Kann man hallux rigidus ohne op heilen?

Medikamente

Antiphlogistika in Tabletten- oder flüssiger Form helfen die Schmerzen zu reduzieren. Wenn eine orale Schmerztherapie durchgeführt wird, sollte man die Medikamente kurze Zeiträume fest einnehmen und nicht nur bei Bedarf. Eine dauerhafte Antiphlogistika-Einnahme kann Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden verursachen. Bei einer längerer Therapiezeit empfehlen sich Antiphlogistika neuer Generation (COX-2-Hemmer, z.B. Arcoxia).

Cortison-Spritzen

Eine entzündungshemmende Wirkung kann man auch durch die Einspritzung von Cortison (z.B. Triamcinolon) im Gelenk. Man wählt ein Präparat, welches längerer Zeit im Gelenk bleibt und die Wirkung lokal entfaltet. Dadurch entstehen wenige Nebenwirkungen im restlichen Körper. Nach erfolgreicher Behandlung kann man solche Infiltrationen alle 4-6 Monate wiederholen.

Hyaluronsäure Infiltrationen

Die Hyaluronsäure ist ein wichtiges Bestandteil der Gelenkflüssigkeit. Eine visköse Flüßigkeit reduziert die Reibung der beschädigten Gelenkflächen, verbessert die Beweglichkeit und reduziert die Gelenkschleimhaut-Entzündung. Ein gängiges Therapieregime beinhaltet wöchentliche Einspritzungen für eine Dauer von 3-5 Wochen. 

Eigenbluttherapie

Das flüssige Anteil des Eigenblutes (med. Blutplasma) kann durch Zentrifugierung gewonnen. Dieses ist an entzündungshemmenden sowie heilungsfördernden Stoffen reich. Diese Wirkungen entfalten sich durch die Einspritzung dieses Blutbestandteils ins Gelenk.

Alle diese Infiltrationstherapien können den Hallux rigidus bzw. die Arthrose des Großzehengrundgelenks nicht heilen. Es handelt sich um rein symptomatische Therapiemaßnahmen. Nach erfolgreicher Behandlung ist eine Rückkehr der Beschwerden (z.B. bei Wetterumschwung oder bei erhöhten Belastungen) zu erwarten. In solchen Situationen kann man durch „Auffrischungen“ eine Beschwerdelinderung erreichen.

Schuheinlagen

Eine Ruhigstellung der Großzehengrundgelenkbeweglichkeit kann durch das Tragen von Schuheinlagen mit Verstärkung im Bereich des ersten Strahls (sog. Rigidusfeder) erreicht werden. Durch die Reduzierung der Gelenkbeweglichkeit und damit auch der Reibung der Gelenkflächen kommt es zu einer Beschwerdebesserung.

Schuhzurichtungen

Wenn Schuheinlagen mit Rigidusfeder keine ausreichende Ruhigstellung bewirken, kann man die gesamte Schuhsohle durch einen Orthopädieschuhmacher versteifen. Dieser fügt der Schuhsohle eine feste Schicht sowie eine Abrollhilfe hinzu und dadurch hebt die Biegsamkeit der Schuhsole auf. Dadurch werden die kleinen Fußgelenke komplett ruhiggestellt und man rollt über die Schuhsole ab.

Diese Therapie ist selbstverständlich nur dann wirksam, wenn man nur mit solchen Schuhen läuft. Das bedeutet kein Barfußlaufen und Änderung auch der Hausschuhe.

Orthopädische Schuhe

Für den Hallux rigidus sind primär keine orthopädischen Schuhen indiziert. Wenn auch andere Fehlstellungen vorliegen kann man diese durch Verordnung von orthopädischen Schuhen behandeln.

Wie wird die Großzehengrundgelenksarthrodese durchgeführt?

Der Patient liegt auf dem Rücken auf dem Operationstisch. Eine circa 5 cm lange Inzision wird über dem Großzehengrundgelenk durchgeführt (Abb.1). Die Gelenkflächen werden freigelegt und die knöchernen Ausbuchtungen (med. Exostosen) entfernt (Abb.2). Der Restknorpel wird mit speziellen Hohl- und Kugelfräsen (en. Cup & cone) abgetragen (Abb.3). Diese dienen einer gleichmäßigen und sparsamen Abtragung und verhindern eine übermäßige Verkürzung des Strahls.

Die Zehe wird nun in die richtige Position gebracht und mit einem Draht fixiert (Abb.4). Es wird eine leichte Streckstellung erzielt, um das Abrollen nach Abheilung zu erleichtern (Abb.5). Von oben gesehen, wird die Zehe leicht nach außen (med. Valgusstellung, Abb.6) gestellt, um einen Konflikt mit dem Schuh zu verhindern.

Die vorbereiteten Gelenkflächen kommen in engen Kontakt zueinander (Abb.7). Nun erfolgt die Fixierung mittels zwei Kompressionsklammern (Abb.8). Diese werden zur Erhöhung der Stabilität rechtwinkelig zueinander eingebracht (Abb.9). Nach Platzierung üben die Klammern Kompression auf die Gelenkflächen aus und führen zur Schließung des Spaltes. 

Die Wundränder werden mit Pflastern zusammengefügt (Abb.10), demzufolge entfällt die Fadenentfernung.

großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.1: Geplante Inzision von 5 cm
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.2: Darstellung der Mittelfuß-Gelenkfläche. Hohmann-Haken schützen die Haut und die Weichteile vor der scharfen Fräse.
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.3: Die Hohlfräse bereitet die Gelenkfläche schonend vor.
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.4: Die Zehe wird in korrekter Position gehalten und mit einem Draht temporär fixiert.
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.5: Die Zehe wird in leichter Streckstellung fixiert. Ein Finger muss unter die Zehenkuppe passen.
Abb.6: Von oben wird die Großzehendrehung betrachtet. Der Nagel muss nach oben gerichtet sein.
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.7: Der Gelenkspalt ist komplett verschlossen. Nur so kann eine knöcherne Heilung erfolgen.
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.8: Eine Klammer wird von oben eingebracht.
großzehengrundgelenksarthrodese
Abb.9: Die zweite Klammer wird innenseitig eingebracht (90° zur Ersten).
Abb.10: Wundverschluß mit Pflastern.

Nachbehandlung nach Großzehengrundgelenksarthrodese

Der Fuß wird in einem Verbandschuh für sechs Wochen ruhiggestellt. Der Fuß kann ab dem ersten postoperativen Tag im Verbandschuh voll belastet werden. Zum Beinlängenausgleich wird eine Schuherhöhung am gegenseitigen Fuß getragen.

Verbandsschuh nach Croßzehengrundgelenksarthrodese
Abb.11: Verbandschuh nach Operation am linken Fuß. Schuherhöhung am rechten Fuß.

Die Wundränder werden nicht genäht, sondern mit Pflastern verklebt, demzufolge ebtfällt eine Entfernung des Nahtmaterials. Nach zwei Wochen ist die Wunde verheilt und der Fuß kann gebadet werden. 

Narbe nach Großzehenversteifungs-Operation
Abb.12: Aussehen der Narbe 3 Monate nach Großzehengrundgelenks-Versteifung.

Nach sechs Wochen wird eine Röntgenkontrolle durchgeführt und die knöcherne Heilung bestätigt. Nun kann der Verbandschuh entfernt und normale Schuhe getragen werden. Bewegungsübungen des Zehenendgelenkes sollten ab jetzt täglich in Eigenregie durchgeführt werden.

Eine Schwellung nach dieser Operation ist normal und bleibt in der Regel 2-3 Monate. Hochlagerung, Vermeidung langer Spaziergänge, Kühlung mit Eis und Lymphdrainage sind hier angeraten.

Die Rückkehr zur Arbeit findet i.d.R. nach 8-12 Wochen statt.