Beim Schneiderballen (med. Taylor’s bunion) handelt es sich um eine Vorwölbung des fünften Mittelfußköpfchens nach außen (Abb.1). Dies ist praktisch der Hallux valgus des kleinen Zehs. Dadurch kommt es zu einer schmerzhaften Reibung am Schuh. Zusätzlich kann der kleine Zeh nach innen geneigt sein, oberhalb des vierten Zehs (med. DQV et superductus, Abb.2) oder sogar unterhalb (med. DQV et subductus, Abb.3) liegen.

Oft entsteht der Schneiderballen in Kombination mit einem Hallux valgus, zusammen führt dies zu einer Verbreiterung des Vorfußes, dem sog. Spreizfuß.

Digitus quintus varus
Abb.1: Digitus quintus varus mit Vorwölbung des MFK V-Köpfchens nach außen.
Digitus quintus varus superductus
Abb.2: Digitus quintus varus et superductus mit Überkreuzung der Zehen 4 und 5, was einen schmerzhaften Konflikt mit dem Schuh verursacht.
Digitus quintus varus subductus
Abb.3: Digitus quintus varus et subductus mit Verbergung der 5. Zehe unter dem 4., was schmerzhafte Schwielen zwischen die Zehe verursacht.

Wie viele Schneiderballen-Typen gibt es?

Die Fehlstellung liegt im Bereich des fünften Mittelfußknochens (MFK V). Dieser kann entweder ein zu großer Köpfchen aufweisen (Typ I, Abb.4), kann nach außen geneigt sein (Typ II, Abb.5) oder kann sehr weit vom vierten Mittelfußknochen abgespreizt sein (Typ III, Abb.6).

Wenn der kleine Zeh auch abweicht, handelt es sich um eine Verkürzung der langen Strecksehne (DQV et superductus, Abb.2) oder der langen Beugesehne (DQV et subductus, Abb.3).

Schneiderballen Typ I
Abb.4: DQV Typ I: Das MFK V ist gehr groß und wölbt sich nach außen vor.
Schneiderballen Typ II
Abb.5: DQV Typ II: Das MFK V ist nach außen gebogen.
Schneiderballen Typ III
Abb.6: DQV Typ III: Der MFK V-Schaft ist vom IV. abgespreizt.

Ursache

Warum entsteht der Schneiderballen?

Es handelt sich um eine Schwäche des Bandapparates der Fußgelenke. Dadurch kommt es zur Abflachung der Fußarchitektur. Das normale Gewölbe senkt sich ab und die Mittelfußknochen spreizen sich auseinander. Es kommt zu einer Verbreiterung des Vorfußes. Die in der Fußsohle befindlichen Muskeln und Sehnen ziehen die Zehen zur Fußmitte, dadurch kommt es zur typischen Neigung der Zehen. Durch die Dezentrierung der Gelenke wölben sich die Mittelfußknochen am Fußaußenrand vor.

Symptome

Welche Symptome haben Patienten mit Schneiderballen?
Welche Beschwerden verursacht der Schneiderballen?

Der vorgewölbte Ballen kommt in Konflikt mit dem Schuh. Patienten spüren demzufolge die Schmerzen nur, wenn Sie Schuhe tragen. Durch die ständige Reibung entsteht zunächst eine Druckstelle, mit der Zeit bildet sich dicke Hornhaut.

Wenn die Fehlstellung auch den kleinen Zeh betrifft (DQV et subductus oder -superductus) bildet sich aich dort eine Beschwielung (Abb.7)

Abb.7: Druckstelle am kleinen Zeh bei Digitus quintus varus et subductus

Diagnose

Der Schneiderballen wird sehr leicht erkannt. Die Schilderung des typischen Schuhkonflikts am Fußaußenrand auf Höhe des Ballens mit nachgewiesener Druckstelle und Verhornung in diesem Bereich reichen für die Diagnosestellung.

Die Röntgen-Untersuchung des Fußes erfolgt unter Belastung. So können sich die Mittelfußknochen komplett entfalten und das Ausmaß der Fehlstellung kann korrekt beurteilt werden. Zur Auswertung wird der sog. Intermetatarsale IV-Winkel gemessen. Hier wird der Abstand zwischen den letzten beiden MFK gemessen. Der Normalwinkel beträgt bis zu 11°. 

Eine Röntgenuntersuchung kann auch andere Krankheiten mit Wölbung in diesem Bereich ersichtlich machen (z.B. Gicht).

Eine begleitende Schleimbeutelentzündung könnte durch Ultraschall oder MRT nachgewiesen werden. Dies ist jedoch nicht notwendig.

Vorwölbung am kleinen Zeh bei Gicht (Arthritis urica)
Abb.7: Erhebliche Schwellungen an den 1. und 5. Grundgelenk durch Ansammlung von Uratkristallen bei Gicht.

Konservative Behandlung

Wie kann man Schmerzen bei Schneiderballen ohne Operation lindern?

Bei bestehenden Beschwerden sind hier die Behandlungsmöglichkeiten leider beschränkt. 

Verschiedene polsternde und abspreizende Bandagen, Orthesen oder Schneiderballen-Schienen können eine Reibung am Schuh und zwischen den Zehen verhindern. Falls diese toleriert werden, kann durch das Tragen eine Schmerzlinderung erreicht werden.

Das Schuhwerk sollte weich, breit genug und aus einem weichen Obermaterial sein, um die Reibung am vorgewölbten Köpfchen zu reduzieren.

Falls alle konservativen Maßnahmen fehlschlagen, gibt es die Möglichkeit der operativen Korrektur.

Welche Schneiderballen-Operationen gibt es?

Bei reinem Schneiderballen wird eine knöcherne Korrektur durchgeführt. Das Ziel ist die Reduktion der MFK V-Vorwölbung. Bei DQV Typ I wird das fünfte Mittelfußköpfchen verkleinert. Dieses Verfahren wird heutzutage minimalinvasiv durch einen 2 mm Schnitt mit einer speziellen Fräse durchgeführt.

Das geneigte (DQV Typ II) oder abgespreizte MFK V-Köpfchen (DQV Typ III) wird minimalinvasiv durchtrennt und nach innen verschoben (minimalinvasive Chevronette, Abb.8). Das offene Verfahren (med. offene Schaftumstellungsosteotomie, Abb.9) wird heutzutage nur bei extremen Formen DQV Typ III durchgeführt.

Minimalinvasive chevronette bei Digitus quintus varus Typ I
Abb.8: DQV Typ I durch eine minimalinvasive Chevronette korrigiert.
Schaftumstellung bei Digitus quintus varus Typ III
Abb.9: DQV Typ III durch Schaftumstellungsosteotomie korrigiert.

DQV mit Fehlstellungen der 5. Zehe wird durch Weichteileingriffe ggf. in Kombination mit knöchernen Eingriffen korrigiert. Das DQV et superductus wird z.B. durch eine Versetzung der langen Strecksehne auf den Fußaußenrand (Sehnentransposition nach Lapidus) korrigiert (Abb.10).

Abb.10: Der überkreuzende fünfte Zeh wurde durch eine Sehnentransposition nach Lapidus korrigiert. Die lange Strecksehne wurde abgesetzt und dazu benutzt, den Zeh nach unten und außen zu ziehen

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