Die Sprunggelenksarthrose, auch als OSG-Arthrose oder -Verschleiß bekannt, ist ein degenerativer Prozess, wodurch die Gelenkflächen zerstört werden und somit die Gelenkbeweglichkeit gestört wird.
Ursachen
Der Verschleiß des oberen Sprunggelenkes hat mehrere Ursachen. Die häufigste ist die sog. postraumatische Sprunggelenkarthrose. Diese entsteht nach Knöchelbrüchen (med. Malleolarfrakturen) oder Brüchen des Sprung- oder Schienbeins (med. Talusfrakturen und Pilon tibiale- Frakturen).
Früher war die entzündliche Genese bei Patienten mit Rheuma die häufigste Ursache für Sprunggelenksarthrosen. Erfreulicherweise führten Entwicklungen in der Antirheumatika-Therapie zu einer Dämpfung der rheumatischen Krankheiten und zu einer drastischen Reduktion dieser Arthrosen.
Auch Fußfehlstellungen (z.B. Hohlfuß, Klumpfuß usw.) gehören zu den Ursachen für sekundäre OSG-Arthrosen. Diese Fehlstellungen führen zu einer ungleichmäßigen Belastung des Gelenkes und letztendlich zum Verschleiß.
Die Charcot-Arthropathie ist eine ernsthafte Komplikation des Diabetes mellitus mit Polyneuropathie. Sie führt zu einer Erweichung des Knochens und zu Knochenbrüche. Durch das fehlende Schmerzempfinden bei diesen Patienten kommt es zu erheblichen Fehlstellungen und Veränderungen der Fußform mit extrem hoher Amputationsrate.
Es gibt aber auch Fälle, in denen keine eindeutige Ursache gefunden werden kann (med. primäre oder idiopathische Arthrose).
Was passiert bei Arthrose?
Eine normale Funktion des oberen Sprunggelenkes hängt von folgenden Voraussetzungen ab:
- glatte, perfekt zueinander passende Gelenkflächen
- intakter Knorpelüberzug der Gelenkflächen
- schlanke, dehnbare Gelenkkapsel
- Gelenkflüssigkeit normaler Konsistenz und in minimaler Menge
Die Arthrose ist ein schleichender Prozess, wodurch Schritt für Schritt all diese Elemente beeinträchtigt und zerstört werden.
Der Knorpel ist die erste Struktur, die zerstört wird. Der Knorpelüberzug dünnt sich aus und letztendlich bildet sich eine Knochenglatze. In der Röntgenaufnahme wird dies als Einengung des Gelenkspaltes abgebildet. Der Verschleiß entsteht i.d.R. nicht gleichmäßig. Oft ist eine Gelenkspaltseite stärker betroffen und die Gelenkflächen erscheinen inkongruent.
Durch die Reibung der knorpelfreien Gelenkflächen (ugs. Reibung Knochen auf Knochen) entstehen die typischen Arthrose-Schmerzen, die im Anfangsstadium ausschließlich bewegungs- und belastungsabhängig sind. Diese Reibung führt zum Verlust von Knochensubstanz. Gleichzeitig bilden sich an den Gelenkrändern knöcherne Vorsprünge, sog. Exophyten. Diese schränken die Gelenkbeweglichkeit zusätzlich ein.
Die ständige Reibung im Gelenk führt zu einem Reizzustand mit Bildung von übermäßiger Gelenkflüssigkeit. Die Gelenkkapsel reagiert durch Verdickung und Verlust ihrer Elastizität.
Im Anfangsstadum versucht der Knochen der Reibung durch Verdichtung seiner Struktur entgegenzuwirken (med. subchondrale Sklerose) hierdurch, entstehen an seiner Oberfläche kleine Risse, wodurch Gelenkflüssigkeit tief in den Knochen eindringt. Diese beinhaltet reichlich entzündliche Zellen und Stoffe, welche den Knochen anfressen und echte Defekte bilden. Diese werden subchondrale Pseudozysten genannt.
Letztendlich verschwindet der Gelenkspalt komplett, die Gelenkpartner werden zwischen riesigen Exophyten eingemauert und das ehemalige Gelenk ist fast versteift. Die Restbewegungen sind funktionell irrelevant und schmerzhaft (med. Ankylose).
Betroffene
Aufgrund der Altersgipfels für Sprunggelenkfrakturen bei jüngeren Patienten infolge von Verkehrs- und Sportunfällen, entwickelt man eine posttraumatische OSG-Arthrose in einem jüngeren Alter. Bei dieser Gruppe stehen Männer und Frauen im gleichen Verhältnis.
Die rheumatische OSG-Arthrose entsteht im Gegensatz dazu deutlich öfter bei Frauen (bis zu 15x). Der Altersgipfel liegt bei dieser Form um den 50. Lebensjahr.
Fehlstellungsbedingte OSG-Arthrosen entstehen ab dem 60. Lebensjahr in gleicher Weise bei Männern und Frauen.
Die Charcot-Arthropathie kann sowohl bei jüngeren (Diabetes mellitus Typ I), als auch bei älteren Patienten (Diabetes mellitus Typ II oder Alters-Diabetes sowie bei alkoholischer Polyneuropathie) auftreten.
Die idiopathische OSG Arthrose entsteht bereits ab dem 40.-Lebensjahr, wird jedoch erst symptomatisch ab dem 60.-Lebensjahr. In dieser Gruppe sind eher Männer betroffen.
Symptome
Wie äußert sich die Arthrose im Sprunggelenk? Wie fühlt sich die Arthrose im Sprunggelenk an?
Das grundlegendste Symptom ist der Schmerz. Bei fast allen Arthroseformen besteht der Schmerz am Anfang ausschließlich bei Belastung. Wenn der Schmerz im Liegen oder sogar nachts besteht verbirgt sich i.d.R. eine entzündliche oder neurologische Ursache dahinter, wie z.B. Rheuma, bakterielle oder abakterielle Entzündung, Polyneuropathie usw.
Ein ständiger Begleiter ist die Gelenksteifigkeit. Diese nimmt mit dem Verschleiß zu.
Die Symptome verlaufen in wellenförmige Phasen. Am Anfang sind die schmerzhaften Phasen nur kurz, werden aber mit Verschleißausprägung länger und häufiger.
Übermäßige Anstrengung oder Wetteränderungen können eine schmerzhafte Phase auslösen. Im Endstadium können diese sogar in Ruhe entstehen.
Schwellungen des Gelenkes und verstrichene Gelenksilhouetten entstehen aufgrund des vermehrten Gelenkergußes.
Schwellungen des Gelenkes und verstrichene Gelenksilhouette entstehen aufgrund des vermehrten Gelenkergußes.
Osteophyten werden vom Patienten selbst getastet. Diese führen zur Reibung mit dem Schuhwerk. Durch die knöcherne Zerstörung entstehen Fehlstellungen des Fußes. Oft führt dieses zu einem unsicheren Stand und Gangbild sowie zum häufigen Umknicken.
Diagnose
Klinische Untersuchung
Die ersten Hinweise auf eine OSG-Arthrose gibt sogar der Patient selbst. Eine Fraktur des Sprunggelenkes oder wiederholte Bänderrisse in der Vorgeschichte weisen auf eine posttraumatische Sprunggelenksarthrose hin. Rheuma ohne effiziente medikamentöse Therapie ist ein Grund für eine rheumatische Arthrose. Sportler (Fußballer, Handballer und Basketballer) leiden oft an Sprunggelenksverletzungen und die erheblichen Belastungen machen sie anfälliger für eine Arthrose.
Weitere Indizien kann man sogar mit bloßem Auge erkennen. Der Patient hinkt und kann das betroffene Bein schlecht belasten, der Schritt auf der betroffene Seite ist kürzer. Aufgrund der Bewegungseinschränkung hält der Patient beim Abrollen das betroffene Bein nach außen gedreht und rollt über die Innenseite des Fußes ab. Die Gelenkkontur und die Knöchelsilhouette sind durch den Gelenkerguß und die knöchernen Vorsprünge (Exophyte) verstrichen.
Fehlstellungen, wie Spitzfuß oder Kippung nach außen (med. Rückfußvarus) können ebenfalls durch einfache Inspektion erkannt werden. Dadurch kommt es zu einer Fehlbelastung einiger Fußregionen, hier bildet sich vermehrt Hornhaut (med. Klavus).
Die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes ist deutlich eingeschränkt und beim Durchbewegen werden Schmerzen ausgelöst.
Röntgen
Die Röntgen-Untersuchung ist unentbehrlich. Hierfür werden Aufnahmen des oberen Sprunggelenkes sowie des Fußes jeweils in 2 Ebenen unter Belastung durchgeführt. Nur durch Aufnahmen mit Belastung kann man Angaben über Fehlstellungen machen.
Bei einer beginnenden Arthrose ist nur der Knorpel beschädigt. Hier werden auf dem Röntgen-Bild entweder keine krankhafte Veränderungen oder eine Einengung des Gelenkspaltes gesehen.
Die ersten knöchernen Veränderungen sind die Bildung von Exophyten. Diese entstehen an der vorderen Schienbeinkante, zunächst als Anspitzung und später als knöcherne Ausziehung auch am Sprungbeinhals.
Man kann auch einen prallen Gelenkerguß mit Ballonierung der Gelenkkapsel vorne feststellen.
Durch die knöcherne Destruktion werden die Gelenkflächen verformt. Die Gelenkpartner passen nicht mehr zueinander.
Im fortgeschrittenen Stadium kann man zystische Formationen, sog. Pseudozysten erkennen.
Die Fuß-Aufnahmen mit Belastung geben Hinweise auf sekundäre Fehlstellungen des Fußes, oft Ursache der Arthrose. Diese müssen bekannt sein und im Behandlungskonzept integriert sein.
Computertomographie (CT)
Kleine knöcherne Veränderungen, vor allem im Anfangsstadium können im CT viel besser als im Röntgen entdeckt werden. Das CT ermöglicht die Anfertigung von 3D-Rekonstruktionen. Diese geben zusätzliche Informationen für die OP-Planung bei ausgeprägten Fehlstellungen.
Das CT ist mit einer gewissen Strahlenbelastung verbunden und sollte nur mit klarer Indikation durchgeführt werden.
Kernspintomographie (MRT)
Weichteilige Veränderungen wie ein Gelenkerguß, Sehnenscheidenentzündungen, Analyse der Gelenkbänder und Gelenkkapsel können nur im MRT beurteilt werden. Der Zustand des Gelenkknorpels ist eine weitere Indikation für das MRT. Durch die verschleißbedingte Reibung kommt es zu einer Erhöhung des Wassergehaltes im Knochen (med. Knochenödem). Dies ist im MRT darstellbar. Damit ist das MRT sensible Methode zur Identifizierung der Sprunggelenksarthrose in Anfangsstadium. Es ersetzt jedoch nicht die Röntgen-Diagnostik, sondern ergänzt sie. Die Untersuchung ist mit einer eingeschränkten Verfügbarkeit, oft mit längere Wartezeiten verbunden. Sie kann nicht bei Patienten mit Platzangst, Herzschrittmachern oder mit ferromagnetischen Implantaten durchgeführt werden. Sie ist nicht schädigend und dauert für ein Sprunggelenk ca. 30 min.
Szintigraphie
Die Szintigraphie hat Ihre Rolle in der Diagnose der Sprunggelenksarthrose verloren. Sie ist eine schädigende Untersuchung mit deutlich weniger Aussagekraft als das MRT. In unserer Einrichtung wird diese Untersuchung nicht durchgeführt.
Spect-CT
Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus CT und Szintigraphie. Indikationen hierfür sind der Verdacht auf Arthrose bei radiologisch nicht feststellbaren Veränderungen. Die Sensibilität ist leicht höher als beim MRT, jedoch muss abgewogen werden, ob die minimalen zusätzlichen Informationen die Strahlenbelastung notwendig machen.
Punktion und Analyse der Gelenkflüssigkeit
Manchmal stellt sich der Patient mit plötzlicher Verschlechterung der Schmerzen und leichten Entzündungszeichen (Rötung, Überwärmung, Schwellung) vor. Hier muss notfallmäßig eine bakterielle Entzündung ausgeschlossen werden. In diesem Fall wird eine Punktion des Gelenkes unter örtlicher Betäubung durchgeführt, um die Gelenkflüssigkeit zu untersuchen.
Als erstes wird das Aussehen der Flüssigkeit beurteilt. Arthrotischer Erguss ist klar, leicht gelblich und sieht wie Öl aus. Bei Rheuma ist leicht trüb, aber immer noch flüssig. Bei bakteriellen Entzündungen ist die Flüssigkeit trüb, dick-flüssig, schlecht riechend.
Eine sehr gängige Untersuchung ist die Bestimmung der Zellzahl. Hier wird die Anzahl der weißen Blutkörperchen pro μl Gelenkflüssigkeit bestimmt. Als Faustregel ist der arthrotische Erguss 3-stellig, bei Rheuma 4-stellig und bei septischer Arthritis 5-stellig.
Die Gelenkflüssigkeit kann mikroskopisch untersucht werden, um Kristalle (z.B. bei Gicht) oder Bakterien zu identifizieren. Durch Anlage einer Kultur können Bakterien sicher identifiziert werden und die Wirksamkeit der Antibiotika geprüft werden.
Therapie
Konservative Maßnahmen
Was hilft gegen die Arthrose im Sprunggelenk? Was kann man gegen Arthrose im Sprunggelenk tun?
Eine Wiederherstellung des zerstörten Gelenkes kann nicht erreicht werden. Man kann durch Reduktion der Belastung die Arthrose-Fortschreitung bremsen. Dies bedeutet oft einen Verzicht auf sog. Stop-and-Go Sportarten.
Schmerzmittel in Tablettenform, wie banale Antiphlogistika, bringen Linderung, vor allem in akuten Phasen. Es empfiehlt sich eine medikamentöse Schmerztherapie nach festem Schema für ca. 1-2 Wochen und nicht nur bei Bedarf durchzuführen.
Infiltrationen mit Hyaluron-Säure oder mit thrombozytenreichem Plasma wirken in Anfangsstadium. In akuten Phasen helfen Infiltrationen mit Lokalanästhetika und Cortison.
Orthopädische Schuhe können perfekt dem Fuß angepasst werden, dadurch wird die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk komplett aufgehoben. Die Reibung im verschlissenen Gelenk wird reduziert und dadurch die Schmerzen gelindert. Diese Schuhe werden knöchelübergreifend bis in den Bereich der Wade angefertigt. Selbstverständlich zeigen sich diese nur wirksam wenn sie sowohl draußen, als auch im häuslichen Bereich getragen werden. Zu diesem Zweck werden sowohl Straßen- als auch Hausschuhe angefertigt.
Operative Therapie
Kann man Arthrose im Sprunggelenk operieren? Wann muss eine Sprunggelenk-Arthrose operiert werden?
Im Anfangsstadium profitieren Patienten mit großen Osteophyten, die eher an einem Schuhkonflikt und an Bewegungseinschränkung leiden, von einer Exophytenabtragung. Diese erfolgt i.d.R. minimalinvasiv durch Sprunggelenksarthroskopie. Dieses geschieht einhergehend mit einer intensiven postoperativen Behandlung gekoppelt, um eine Verbesserung der Beweglichkeit zu erzielen. Der Knorpelschaden selber wird nicht beseitigt. In manchen Situationen kann jedoch eine Verbesserung der Beweglichkeit nach der Exophytenabtragung den Arthroseschmerz hervorrufen.
OSG-Arthrosen in Kombination mit Fußfehlstellungen, wie ausgeprägte Platt-, Hohl- oder Klumpfußfehlstellungen profitieren von der Korrektur der Fußfehlstellung. Auch in diesen Fällen wird die Arthrose selber nicht beseitigt, jedoch profitieren die Patienten von der Normalisierung der Belastung und der Arthrose-Prozess wird gebremst.
Im fortgeschrittenen Stadium empfiehlt sich die Versteifung (med. Arthrodese) des oberen Sprunggelenkes.
Der Sprunggelenksersatz (med. Implantation einer Sprunggelenksendoprothese) ist eine Option für die OSG-Arthrose. Diese Operation hat eine sehr enge Indikation und kommt nur in Frage bei älteren Patienten mit einem aktiven Leben. Wenn die Ergebnisse vor einigen Jahren mäßig waren, berichten neue Studien modernerer Endoprothesenmodelle über gute Ergebnisse. Die hohen Wechselrate mit einem verbundenen ausgeprägten Knochensubstanzverlust unterliegen immer noch diese Methode der Arthrodese.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welcher Grad der Behinderung bei Arthrose? Wird die OSG-Arthrose als Schwerbehinderung anerkannt?
Eine gute Quelle zum Nachschlagen der GdS/GdB bei verschiedener Krankheiten ist die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV). Die Arthrose des OSG findet man unter 18.14 Schäden der unteren Gliedmaßen. Die GdS/GdB bei OSG-Arthrose wird je nach Grad der Bewegungseinschränkung und je nach sekundäre Fehlstellungen zwischen 0-20% eingeschätzt.
Welche ICD-10 bei OSG-Arthrose?
Die OSG-Arthrose ist unter ICD M19.07 - Primäre Arthrose sonstiger Gelenke : Knöchel und Fuß (Fußwurzel, Mittelfuß, Zehen, Sprunggelenk, sonstige Gelenke des Fußes) eingestuft worden.
Fallbespiele
Arthroskopische Arthrodese
Minimalinvasive Sprunggelenkversteifung, Schlüßelloch
OSG-Versteifung mit Ilizarov-Fixateur
Destruierende Sprunggelenkarthrose, Talektomie
OSG-Versteifung mit Schrauben
offene Fraktur, primäre Versteifung
3-fache-Versteifung mit Nagel
OSG, USG, Chopart-Arthrodese, Hohlfuß, retrograder Nagel