Distorsionen des Sprunggelenkes (Umknickverletzungen) können zu Knöchelbrüchen und/oder Bandverletzungen führen. Eine ernsthafte Verletzung ist der Riss des vorderen Syndesmosenbandes. Diese Verletzung kann in Kombination mit Knöchelfrakturen, oder Fraktur des Wadebeinschaftes (med. Maissoneuve-Verletzung). Dieser Beitrag adressiert jedoch die isolierte Syndesmosenverletzung.

Wie bereits im Beitrag über die Anatomie des oberen Sprunggelenkes erwähnt, ist die Syndesmose ein starkes Bandkomplex, welches das Schien- und Wadebein eng aneinander fixiert. Er erlaubt minimale Drehbewegungen, sowie leichtes Heben und Senken des Wadebeins im Bezug auf das Schienbein. Dadurch verändert sich das Kaliber der Malleolengabel und erlaubt die Bewegung des Sprungbeins. Das Syndesmosenkomplex ist aus drei Strukturen gebildet:

  • Ligamentum Tibio-fibulare anterius, die vordere Syndesmose (Fig.1a)
  • Ligamentum tibio-fibulare posterius, die hintere Syndesmose (Fig.1b)
  • Membrana interossea – eine stabile faserige Verbindung, die über der ganzen Länge, bis zum Knie, die beide Unterschenkelknochen verbindet (Fig.1c)
Vordere Syndesmose

Fig.1: Anatomie des tibio-fibulären Syndesmose-komplexes. a) vordere Syndesmosenband, b) hintere Syndesmosenband, c) Membrana interossea. Fotos übernommen mit freundlicher Genehmigung von Dr. Rajpal Brar [Link]

Die isolierte Syndesmosenruptur ist häufig übersehen und inkorrekt behandelt kann zu dauerhaften Gelenkschäden führen. Diese Verletzung muss von der banalen Außenbandruptur getrennt werden und sicher ausgeschlossen werden.

Wie entsteht der Syndesmosenband-Riss?

Der häufigste Verletzungsmechanismus ist die Verdrehung des Körpers/Beines auf dem am Boden fixierten Fuß. Das perfekt in der Malleolengabel passende Sprungbein dreht sich nach außen und zwingt die Schien- und Wadebein auseinander. Die 1. Struktur, die nachgibt, ist die vordere Syndesmose Als Folge dreht sich das Wadebein nach außen und die Syndesmosengabel erweitert sich.

Video übernommen mit freundlicher Genehmigung von Dr. Rajpal Brar [Link]

Wie diagnostiziert man die Ruptur der Syndesmose?

Klinische Untersuchung

Direkt nach dem Unfall ist das obere Sprunggelenk, v. A. das Gebiet um den Außenknöchel extrem geschwollen. Der Befund ist identisch zur banalen und häufigen Außenbandruptur. Die klinische Diagnose der Syndesmosenbandverletzung ist fast unmöglich und das ist der Grund warum die isolierte Bandverletzung (ohne knöcherne Verletzung) fast immer übersehen wird.

Spezifische klinische Teste können auf eine Syndesmoseverletzung hindeuten und die Durchführung einer weiterführenden Diagnostik  (MRT) indizieren.

Ausgeprägter Befund bei einer Maissoneuve-Verletzung. Die Ausbreitung des Blutergußes gibt Hinweise über dem ausmaß des Weichteilschadens.

Röntgen-Untersuchung

Die Standard-Röntgen-Aufnahmen des Sprunggelenkes sind bei der isolierten Syndesmosenverletzung unauffällig. Wenn diese Aufnahmen unter Belastung angefertigt werden, kann die Erweiterung der Malleolengabel in manchen Fällen festgestellt werden. Bei akuter Verletzung ist jedoch die Untersuchung unter Belastung aufgrund der Schmerzen nicht möglich.

Stressaufnahmen unter Durchleuchtung können lediglich in Narkose durchgeführt werden und spielen heutzutage in der Diagnostik keine Rolle mehr. Diese Untersuchung wird in Narkose nur bei operativer Stabilisierung zur Erfolgskontrolle durchgeführt.

Schichtbild-Diagnostik (MRT und CT)

Die Kernspintomographie (MRT) ist aktuell das goldene Standard zur Diagnostik der Syndesmosenverletzung. Man kann die Unterbrechung des Syndesmosenbandes, sowie die Ausbreitung des Gelenkergußes in den tibio-fibulären Zwischenraum.

Die MRT kann ebenfalls Begleitverletzungen identifizieren. 

Sprunggelenks-Arthroskopie

Die Sprunggelenksarthroskopie ist ein invasiver Eingriff, während dessen der Gelenkinnenraum mit einer dünnen Kamera inspiziert wird. So kann man die Gelenkstrukturen wie der Knorpel und Bänder direkt unter Sicht untersuchen, die Gelenkstabilität dynamisch überprüfen und Gelenkbinnenschäden versorgen. 

Sprunggelenkspiegelung
Durch winzige Schnitte werden eine Kamera und dünne Instrumente in das Gelenk eingebracht. In dieser Weise werden der Knorpel, die Bänder und der Knochen adressiert.

Dieser Eingriff wird jedoch nicht zur Diagnostik verwendet, sondern bei vorher gesicherter Diagnose wird bei Bedarf der Eingriff als Therapie eingesetzt.

Wie wird die Ruptur der vorderen Syndesmose behandelt?

Wie bei jedem Umknicken besteht auch hier die notfallmäßige Versorgung aus Ruhigstellung in Walker oder Gipsschiene, Entlastung, abschwellende Maßnahmen (Kühlung, Kompression, Hochlagerung) und orale Schmerztherapie (Antiphlogistika).

Nach gesicherter Diagnose der Syndesmosenverletzung stellt sich die Frage, ob dies von alleine heilt oder ob eine Operation notwendig ist.

Das Ziel ist die Abheilung der Malleolengabel in perfekter anatomischer Stellung. Eine Erweiterung deren führt zwingend zu einer Inkongruenz des Gelenkes und zur posttraumatischer Arthrose (Gelenkverschleiß).

Operative Stabilisierung der vorderen Syndesmose

Syndesmosenrupturen mit Erweiterung der Malleolengabel müssen demzufolge operativ versorgt werden. Bei isolierten Verletzungen wird durch eine Sprunggelenksarthroskopie die in das Gelenk hineinragenden Band- und Kapselfranzen entfernt, sonstige Gelenkbinnenverletzungen versorgt und nach Einstellung der korrekter Anatomie der Malleolengabel wird die Syndesmose mit einem Tight rope® stabilisiert.

Sindesmosen-Stabilisierung mit Tight rope
Die perkutane Stabilisierung der tibio-fibulären Syndesmose mit Tight rope®

Bei Syndesmosenbandverletzungen mit hoher Wadebenbruch (med. Maissoneuve-Verletzung) ist die korrekte Einstellung der Anatomie nicht mehr banal und benötigt oft eine kleine Inzision, um die Reposition unter Sicht durchzuführen. Hier wird zur Stabilisierung zwei Stellschrauben verwendet.

Syndesmosenverletzungen mit Knöchelbrüchen werden offen perfekt anatomisch wiederhergestellt, stabil mit Platten und Schrauben fixiert und danach wird das Syndesmosenband mit einem Tight rope® stabilisiert.

Das für die Stabilisierung verwendete Implantat ist weniger wichtig. Der wichtigste prognostische Faktor ist die exakte Wiederherstellung der Malleolengabel-Anatomie.

Nachbehandlung nach Syndesmosenstabilisierung

Eine postoperative Ruhigstellung für 6 Wochen mit einem Walker ist notwendig, um die Bewegungen im oberen Sprunggelenk aufzuheben und die Vernarbung des gerissenen Bandes zu erlauben. Direkt nach der Operation kann das Bein mit angelegtem Walker voll belastet werden. In dieser Zeit sollen isometrische Übungen durchgeführt werden. Bei Schwellungen hilft die Lymphdrainage.

Nach 6 Wochen können normale Schuhe (Konfektionsschuhe) getragen werden. Dies ist der Zeitpunkt, wenn die Krankengymnastik intensiviert werden soll. Durch propriozeptives Training wird das Zusammenspiel der gesamten Muskelkette der unteren Extremitäten harmonisiert. Dadurch wird das Gelenk während des Laufens stabilisiert und die durch den Unfall gestörte Muskelsteuerung wiederhergestellt. In dieser Zeit empfiehlt sich  bei schweren Belastungen oder Sport das Tragen einer stabilisierenden elastischen Bandage.

Prognose nach Syndesmosenbandverletzung

Korrekt behandelt heilt die Verletzung des Syndesmosenbandes ohne Folgen und man kann der vorherigen Funktionszustand. Die Rückkehr zum Sport kann nach ca. 3-4 Monaten erfolgen. Die komplette Genesung kann jedoch bis 6 Monaten dauern. 

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