Plattfuß, Knickfuß, Senkfuß, Knick-Senkfuß, Pes planus, Pes planovalgus oder Pes valgus, alle diese Begriffe bezeichnen die gleiche Fußfehlstellung. Der komplette Begriff (Pes planovalgus et abductus) beschreibt die Fehlstellung mit all ihren Facetten (s. Abb. 1). 

Abb. 1: Die drei Komponente der Pes planovalgus-Fehlstellung: das Fußgewölbe ist aufgehoben (3), die Ferse ist nach außen geneigt (4) und der Vorfuß weicht nach außen ab (2).

Plattfuß beim Kind vs. Erwachsene

Der Plattfuß des Erwachsenen unterscheidet sich wesentlich von dem des Kindes. Während es sich beim Kind um eine Entwicklungsphase des Fußes handelt, hat bei einem Erwachsenen die neu aufgetretene Fehlstellung eine krankhafte Bedeutung. Dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit dem Plattfuß des Erwachsenen. Über den kindlichen Knick-Senkfuß wurde bereits gesondert berichtet.

Warum entsteht der Plattfuß des Erwachsenen?

Die Architektur eines gesunden Fußes hängt von der Form der 26 Fußknochen und Fußgelenke und vom koordinierten Zusammenspiel der verschiedenen Muskeln und Sehnen ab. 

Jeder kennt die Beuge- und Streckbewegungen des Sprunggelenkes. Jedoch wissen wenige, dass der Fuß auch seitwärts beweglich ist. Wir können tatsächlich den Fuß nach innen und außen “kippen” (med. Inversion/Eversion). Diese Bewegungen entstehen im unteren Sprunggelenk und helfen beim Laufen auf instabilem oder schrägem Untergrund Ebene (z.B. auf den Sand oder seitwärts gehen auf den Berg).

Diese Seitwärtsbewegungen werden von speziellen Muskelgruppen koordiniert. So gibt es Muskeln, die den Fuß nach innen (Muskulus tibialis posterior, TP) odernach außen (Muskulus peroneus brevis) ziehen. Diese Muskeln (wie auch andere) tragen zum Erhalt der Fußarchitektur bei. 

Wenn die TP Muskulatur aus degenerativen Grunden nicht mehr optimal funktioniert, ändert sich die Fußform im Sinne eines Knick-Senkfußes.

Welche Beschwerden haben Patienten mit Plattfuß?

Nicht jeder Plattfuß macht Beschwerden. Es gibt Menschen mit leicht ausgeprägten Fehlstellungen, die aufgrund einer gut funktionierenden Muskulatur keine Beschwerden haben. 

Patienten mit Tibialis posterior-Insuffizienz oder einer neu ausgebildeten Plattfußstellung geben andererseits Schmerzen an. Der Hauptschmerz tritt innenseitig im Bereich des fehlenden Fußgewölbes auf. Hier sollte das Fußskelett angehoben sein, jedoch kommt es bei einem Plattfuß zum Kontakt mit dem Boden.

Die zweit häufigste Problemzone befindet sich unterhalb des Außenknöchels. Hier kommt es aufgrund der ausgeprägten Neigung der Ferse nach außen (med. Rückfußvalgus) zur Einquetschung der außenseitig verlaufenden Sehnen (med. Peronealsehnen) zwischen Fersenbein und Außenknöchel (med. subfibulares Impingement).

Abb. 3: Lokalisation der Symptome bei Pes planovalgus

Wie wird der Plattfuß diagnostiziert?

Untersuchung und klinische Teste

Eine klinische Untersuchung  ist ausreichend, um die Diagnose eines Plattfußes zu stellen. Man kann mit bloßem Auge die typischen Merkmale erkennen: das abgesunkene oder fehlende Fußlängsgewölbe, die Neigung der Ferse nach außen und die Abweichung  des Vorfußes nach außen (Abb.1). Letzteres führt dazu, dass ein Großteil des Vorfußes außenseitig sichtbar ist, wenn man den Patienten von hinten im stand betrachtet (das Too many toes Zeichen, Abb. 4). 

Abb. 4: Aufgrund der Abweichung des Vorfußes nach außen, werden die kleinen Zehen von hinten sichtbar. Dies ist ein typisches Zeichen der Pes planovalgus-Fehlstellung.

Zunächst wird untersucht, ob die Fehlstellung flexibel oder fixiert ist. Im ersten Fall kann die Fußstellung manuell (passiv) korrigiert werden, im zweiten Fall sind die Gelenke durch eine Verkürzung der Sehnen und Bänder sowie durch eine Schrumpfung der Gelenkkapsel fest und nicht mehr korrigierbar. Ein einfacher Test, der Zehenspitzenstand, kann hier die zwei für die Therapie entscheidenden Stadien unterscheiden. Beim flexiblen Plattfuß dreht sich  die Ferse beim Heben nach innen (med. Varisierung). Beim fixierten Plattfuß bleibt sie in der ursprünglichen Stellung.

Abb. 5: Beim flexiblen Pes planovalgus dreht sich die Ferse im Zehenspitzenstand nach innen
Abb. 6: Beim fixierten Pes planovalgus bleibt die Ferse im Zehenspitzenstand nach außen geneigt.

Eine für die Prognose und Therapie wichtige Information ist, ob eine Achillessehnenverkürzung die Plattfußstellung begleitet. Dies würde einen komplizierenden Faktoren darstellen und eine entsprechende Behandlung notwendig machen. Das obere Sprunggelenk erlaubt eine Streckung (med. Dorsalflexion) von mindestens 10°, das eines Kindes von ca. 20-30°, anderenfalls würde eine Verkürzung der Wademuskulatur vorliegen.  

Welche Untersuchungen werden beim Plattfuß durchgeführt?

Röntgen-Untersuchung

Diese Untersuchung ist obligat. Es werden ausschließlich Röntgen-Bilder unter Belastung durchgeführt. Nur so kann der Fuß in Funktionsstellung beurteilt werden. Zur Abklärung werden vier Ebenen benötigt (Fuß von vorne und seitlich, sowie Sprunggelenk von vorne und hinten – sog. Salzmann-Aufnahme).

Normale Salzmann-Aufnahme
Röntgen-Aufnahme des Fußes im Stehen von hinten (Salzmann-Aufnahme): normaler Befund; die Unterschenkelachse /gelbe Linie) verläuft etwa durch die Mitte des Fersenbeins (blaue Markierung).
Salzmann-Aufnahme bei Plattfuß
Salzmann-Aufnahme bei Pes planovalgus: die Unterschenkelachse (gelbe Linie) verläuft innenseitig des Fersenbeins (blaue Markierung).

Anhand der Röntgenbilder wird die Beziehung der verschiedenen Fußknochen zueinander in Form verschiedener Winkel beurteilt. 

Normale Fußarchitektur. Hier zeigt sich die Winkelmessung zwischen die seitlichen Achsen des Sprungbeines und des 1. Mittelfußknochens (Talo-Metatarsale I-Winkel) im Normbereich +/-4°.
Bild eines Plattfußes. Man erkennt an der Sprungbein-Achse (orange) in Relation zur Metatarsale I-Achse (blau) eine Einsenkung des Fußgewölbes.

Ein erfahrener Untersucher kann auf Röntgenbildern z.B. eine tarsale Koalition diagnostizieren. Diese ist eine angeborene Verschmelzung der Fußwurzelknochen und eine relativ häufige Ursache für den fixierten Plattfuß bei Kindern und Jugendlichen.

Verschmelzung des Kahnbeins mit dem Fersenbein (Naviculo-kalkaneare Koalition): gelb markierter durchgängiger knöcherne Block
Zum Vergleich ein Normalfuß. Man sieht hier eine Unterbrechung zwischen den beiden Knochen (das Naviculo-kalkaneare Gelenk)

Eine Arthrose der Fußwurzelknochen kann ebenfalls erkannt werden. Zur Abklärung des Ausmaßes werden schichtbildgebende Verfahren benötigt.

Schichtbild-Diagnostik (CT, MRT)

Dreidimensionale bildgebende Untersuchungen wie die Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) sind zur Diagnosestellung eines Knick-Senkfußes nicht notwendig können jedoch ergänzende Informationen bringen.

Die TP Sehne zeigt sich, mit Flüssigkeit umspült und manchmal sogar durchtrennt.

Eine Arthrose der kleinen Mittelfuß- und Rückfußgelenke ist zwar auf einem Röntgenbild ersichtlich, jedoch wird eine CT und/oder eine MRT benötigt, um das Ausmaß und die genaue Lokalisation der Arthrose festzustellen.

Die tarsale Koalition ist eine klassische Indikation für solche Untersuchungen. Ein Verdacht wird durch klinische und röntgenologische Untersuchungen gestellt, Schichtbilder werden benötigt, um die Diagnose zu sichern.

MRT Tibialis posterior Ruptur
MRT des Sprunggelenkes: im Bereich des mit gelb markierten Pfeils erkennt man die mit Flüssigkeit umspülte Tibialis posterior Sehne. Die Sehne erscheint aufgefasert und zum Teil gerissen.

Pedobarographie (Fußdruckmessung)

Mithilfe spezieller in den Schuh eingelegter Sensoren kann der Fußabdruck während des Gehens digital aufgenommen werden (med. Dynamische Pedobarographie). Mit Farben wird die Verteilung des Drucks auf der Fußsohle abgebildet. Durch Vergleich mit der Normentsprechenden Fußabdrücken können Fehlbelastungen diagnostiziert werden. Zur Stellung der Erstdiagnose ist diese Untersuchung nicht nötig.

Sie wird verwendet, um den Einfluss korrigierender Hilfsmittel (z.B. Schuheinlagen oder Orthesen) zu kontrollieren. Ebenfalls kann sie nach korrigierenden Operationen die Fußfunktion objektiv abbilden.

Wie wird der Plattfuß behandelt?

Therapie des Knick-Senkfußes im Anfangsstadium

Der symptomatische Plattfuß bei Insuffizienz des Muskulus Tibialis posterior (TP) kann sich direkt mit starken Schmerzen bemerkbar machen. Es handelt sich um eine Reizung der TP-Sehne (med. Tendinitis). In dieser Phase empfiehlt sich eine Ruhigstellung im Gips oder Walker, eine Entlastung, kühlende Maßnahmen und die Einnahme von entzündungshemmenden Schmerzmitteln. Nach Abklingen der akuten Entzündung kommen physiotherapeutische Maßnahmen (Krankengymnastik) zum Einsatz. Es werden Übungen zur Tonisierung der Tibialis posterior Muskulatur sowie der kompensierenden Muskulatur (Fußinvertoren) durchgeführt.

Schuheinlagen und Orthesen

Wenn die TP-Muskulatur komplett versagt, spricht man vom dekompensierten Plattfuß. Der Fuß knickt nach innen und der Vorfuß weicht nach außen ab, das Fußgewölbe verschwindet und die Mittelfußknochen kommen in Kontakt mit dem Boden.

In diesem Stadium empfiehlt sich durch äußere Vorrichtungen den Fuß in die richtigen Position zu bringen und ihn zu unterstützen. Dadurch wird die Arbeit der kompensierenden Muskulatur erleichtert. Dies kann man durch den Einsatz von korrigierenden Schuheinlagen erreichen. Diese Hilfsmittel werden vom Orthopädie-Schuhmacher individuell dem Fuß angepasst. Dafür wird eine Pedobarographie (Fußdruckmessung) durchgeführt. Die Schuheinlage verfügt über eine Abstützung des Fußgewölbes (med. Supinationskeil). Diese verhindert das Knicken nach innen. Um das gleichzeitige Abrutschen des Fußes nach außen zu verhindern, wird eine Erhöhung des Fersenrandes (med. Fersenführung) eingebaut.

Korrigierende Schuheinlagen bei flexiblen Plattfüßen

Wenn es sich um eine komplexere Fehlstellung handelt werden Orthesen angefertigt. Diese können Korrekturen in mehreren Ebenen erzeugen. Diese werde eher bei neurologisch bedingten Fehlstellungen (z.B. bei Kindern mit infantiler Cerebralparese usw.) eingesetzt. 

Orthopädische Schuhe

Im fortgeschrittenen Stadium besteht ein kompletter Ausfall der TP-Funktion und der Fuß ist in der Pes planovalgus-Fehlstellung fixiert. Das heißt, dass die Gelenkkapsel und Sehnen verkürzt sind und eine passive Korrektur der Fußstellung verhindern. 

Bei Patienten in fortgeschrittenem Alter mit reduzierten funktionellen Ansprüchen oder bei Patienten mit schweren Vorerkrankungen wird diese Fußstellung nicht korrigiert. Man kann diesen Patienten durch Anfertigung orthopädischer Schuhe helfen. Maßschuhe bieten eine stabile Fixierung des Fußes, dadurch verhindern sie eine schmerzhafte Restbeweglichkeit in den arthrotischen Gelenken, ebenfalls werden überbelastete Stellen weich gebettet.

Wie kann man den Plattfuß operativ korrigieren?

Gelenkserhaltende Eingriffe

Nach Ausschöpfung konservativer Maßnahmen kommen operative Methoden zum Einsatz. Solange der Plattfuß flexibel ist (s.o.), können sogenannte gelenkserhaltende Operationen durchgeführt werden.

Die Fußknochen werden an mehreren Stellen durchtrennt und verschoben (med. Umstellungsosteotomie). Dadurch kann die Fußarchitektur wiederhergestellt werden. Unserer Erfahrung nach hat sich zur Korrektur des Plattfußes die Triple tarsale Osteotomie bewährt.

Zusätzlich werden Weichteileingriffe benötigt, um das Gleichgewicht des Stütz- und Bindegewebes wiederherzustellen. Die fehlende TP-Funktion wird durch die Verlegung der langen Zehenbeugersehne ersetzt (med. Flexor digitorum longus -Transfer, FDL-Transfer). Ebenfalls wird bei Feststellung einer Verkürzung der Wadenmuskulatur eine Verlängerung der Triceps surae Aponeurose nach Strayer durchgeführt.

Rückfußversteifung bei fixiertem Plattfuß

Wenn die Fehlstellung fixiert ist (s.o.), werden verkürzte Sehnen und Bänder durchtrennt und die Rückfußgelenke in korrigierter Stellung versteift. Dadurch wird die gesamte Fußstellung verbessert, die Fehlbelastung aufgehoben und zukünftige Schäden vermieden (triple tarsale Arthrodese).

Fallbeispiele Plattfußkorrektur

Tripel tarsale Arthrodese

bei fixiertem Plattfuß

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