Der häufigste Grund für die Vorstellung eines Kindes in der Fußsprechstunde ist der Knick-Senkfuß. Wenn die Kinder anfangen zu laufen, fällt den Eltern eine besondere Fußform auf. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um eine krankhafte Fehlstellung handelt, aus der sich dann Schmerzen, Lauf- und Leistungsprobleme entwickeln können. Nicht selten werden vor allem Mädchen auch aus ästhetischen Gründen vorstellig.

Hier ist eine gute Aufklärung der Eltern zwingend erforderlich, um langjährige unnötige Behandlungen zu vermeiden. Behandlungsbedürftige Knick-Senkfüße beim Kind sollten frühzeitig und korrekt therapiert werden.

Was sind die Knick-Senkfüße?

Die besondere Fußform kann durch verschiedene Synonyme beschrieben werden: Plattfüße, Knickfüße, Senkfüße, Pes planovalgus et abductus, Pes planus oder Pes valgus. Auffällig ist hier die Neigung der Ferse nach außen (Abb.1). Das Fußgewölbe ist aufgehoben (Abb.2) und der Vorfuß weicht nach außen ab (Abb.3). Bei manchen Kindern ist die Fehlstellung so ausgeprägt, dass sie über den Innenrand des Fußes laufen.

Rückfußvalgus bei kindlichem Knick-Senkfuß
Abb.1. Rückfußvalgus: mit blau ist die normale Rückfußachse angezeichnet und mit orange die Abweichung
Plattfuß
Abb.2. Komplette Aufhebung des Fußgewölbes
Vorfußabductus bei kindlichem Knick-Senkfuß
Ab.3. Vorfußabductus: mit blau ist die normale Fußachse angezeichnet und mit orange die Abweichung

Der flexible vs. der fixierte Knick-Senkfuß

Man unterscheidet in was die Beweglichkeit betrifft, den flexiblen vom fixierten Knick-Senkfuß. Der flexible Knick-Senkfuß sieht wie ein normaler Fuß aus, solange er nicht belastet wird. Im Stehen zeigt er seine typische oben genannte Form. Typisch ist, dass man den flexiblen Knick-Senkfuß manuell sowohl provozieren als auch korrigieren kann. Im Zehenspitzenstand neigt sich die Ferse nach innen (Abb. 4) und beim Strecken der Großzehe hebt sich das Fußgewölbe (Jack-Test).

Der fixierte Knick-Senkfuß sieht genauso aus, sowohl mit als auch ohne Belastung (Abb.5). Man kann die Fehlstellung weder manuell, noch durch die o.g. Tests korrigieren. 

Abb.4. Im Zehenspitzenstand kippt die Ferse beim flexiblem Knick-Senkfuß wieder in der Geradeposition (blaue Linie).
Abb.5. Beim fixierten Knick-Senkfuß (wie in diesem Fall mit tarsaler Koalition) bleibt die Ferse beim Zehenspitzenstand nach außen geneigt.

Warum haben Kinder Knick-Senkfüße?

Neugeborene

Direkt nach der Geburt sollten die Füße eines Kindes immer normal aussehen. Auffallende Fußfehlstellungen in diesem Alter benötigen immer eine spezialisierte Untersuchung. Der häufigste Grund für den Knick-Senkfuß im neugeborenen Alter ist der Talus verticalis (jedoch extrem selten, ca. 1:10.000 Neugeborene). Hier handelt sich um eine angeborene fixierte Fehlstellung aufgrund einer Verrenkung des Subtalargelenkes, dies erfordert eine sofortige orthopädische Behandlung.

Säuglinge und Kleinkinder

Knick-Senkfüße entwickeln sich bei allen Kindern in der Stand- und Laufphase (12-18 Monate). Mit der aufrechten Position und aufgrund der Banddehnbarkeit entsteht in den folgenden Jahren ebenfalls eine X-Bein-Fehlstellung (med. Genu valgum). Die Füße neigen dazu, nach innen zu knicken. Dies betrifft besonders die übergewichtigen Kinder. Der Knick-Senkfuß ist eine Entwicklungsphase des normalen Fußes und ist in den meisten Fällen keine krankhafte Veränderung.

Normale Knick-Senkfüße eines 14-monatigen Kindes.

Jugendliche

In  der Wachstumsphase ändert sich die Fußform, am Ende des Wachstums (14-16 Jahre) weisen die meisten Jugendlichen eine normale Fußform auf.

Wann ist ein Knick-Senkfuß behandlungsbedürftig?

Eltern stellen sich viele Fragen: „Bleiben die Füße immer so?“, „Wird das Kind Probleme in der Zukunft haben?“, „Wenn wir nichts machen, wird es schlimmer werden?“, „Werden wir den optimalen Zeitpunkt der Therapie verpassen?“. Oft bestehen sogar zwischen Ärzten Meinungsunterschiede, die die Eltern noch mehr verunsichern.

Schmerz

Der normale Knick-Senkfuß tut nicht weh. Der schmerzende Knick-Senkfuß ist behandlungsbedürftig. Ältere Kinder berichten selber belastungsabhängige Schmerzen (Abb.6 und 7). Bei kleinen Kindern berichten oft Erzieher oder Sportlehrer, dass die Kinder nicht wie andere an sportlichen Tätigkeiten teilnehmen können.

Abb. 6: Subfibulares Impingement
Abb.7: Schmerzlokalisation bei Plattfuß

Verkürzung des Triceps surae

Oft zeigt sich in diesem Fall nicht nur eine Schwäche des Haltungsapparates (Bänder, unterstützende Muskulatur des Fußgewölbes), sondern auch eine Verkürzung der Wademuskulatur. Diese wirkt negativ auf die Fehlstellung, die Achillessehne zieht exzentrisch die Ferse weiter nach außen.

Neuro-muskuläre Grunderkrankung

Kinder mit unterschiedlichen neurologischen Grunderkrankungen (Lähmungen, z.B. Infantile Cerebralparese) benötigen andere Therapiemaßnahmen als neurologisch gesunde Kinder. Hier besteht an den Füßen grundsätzlich ein Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Muskelgruppen (Agonisten und Antagonisten), sodass Fehlstellungen der Gelenke entstehen.

Der fixierte Knick-Senkfuß

Eine Bewegungseinschränkung des Subtalargelenkes verbirgt immer eine komplexe Ursache der Fehlstellung z.B. tarsale Koalitionen oder Talus vertikalis. In solchen Fällen ist immer eine Therapie indiziert.

Wie wird der kindliche Knick-Senkfuß behandelt?

Welche Schuhe?

Wir haben bereits erörtert, dass Kinder mit normalen, asymptomatischen Knick-Senkfüßen keiner Behandlung bedürfen. Hier empfiehlt sich das Barfußlaufen und das Tragen von weichen, flachen Schuhen.

Physiotherapie

Unter krankengymnastischer Anleitung können verschiedene Kräftigungsübungen für die Fußmuskulatur erlernt werden. Die konsequente Beübung dieser Muskulatur kann in manchen Fällen eine Linderung bringen. Regelmäßige Zeiten für die Fußübungen (z.B. während des Zähneputzens) sichern die beste Compliance.

Neue Therapiekonzepte wie die Spiraldynamik® zeigen sich ebenfalls erfolgsversprechend.

Schuheinlagen

Die sogenannten korrigierenden Schuheinlagen unterstützen durch präzise platzierte Abstützelemente (z.B. Supinationskeil) das abgeflachte Fußgewölbe. Der erhöhte Rand umfasst die Ferse und verhindert ein Abrutschen des Fußes nach außen. Trotz einer Reduktion der Schmerzen schaffen es die Schuheinlagen jedoch nicht die Knick-Senkfüße zu korrigieren. Aus diesem Grunde werden diese bei der Behandlung des kindlichen Knick-Senkfußes kontrovers diskutiert.

Abb.8: Korrigierende Zweibackeneinlage bei kindlichem Knick-Senkfuß

Orthesen

Orthesen sind äußere Vorrichtungen, die perfekt passend zum Bein angefertigt werden und eine Korrektur der Fehlstellungen sowie Abstützung des Fußes bewirken. Diese können nur den Fuß umfassen oder können weiter nach oben, je nach Befund, erweitert werden. Die Orthesen können über zusätzlich eingebaute Scharniere im Bereich der Gelenke verfügen, sie können die freie Beweglichkeit dieser Gelenke erlauben oder pathologische Bewegungen einschränken.

Orthesen finden keinen Einsatz bei neurologisch gesunden Kindern. Bei Kindern mit Lähmungen (z.B. spastische Zerebralparese) sind sie Mittel der Wahl zur Verhinderung oder Korrektur von Fehlstellungen.

Wann und wie wird der kindliche Knick-Senkfuß operativ korrigiert?

Die Behandlungsbedürftigkeit wurde bereits dargestellt. Diese Patienten werden immer zunächst konservativ behandelt. Bei ausbleibender Besserung stellt sich die Indikation zum operativen Vorgehen. Die Technik und der Zeitpunkt der Operation wird individuell jedem Kind angepasst.

Gelenkerhaltende Eingriffe

Beim flexiblen Knick-Senkfuß werden sogenannte gelenkerhaltende Operationen durchgeführt. Solange das Kind noch über ausreichende Wachstumsreserven verfügt (♀ 10 Jahre, ♂ 12 Jahre) kann eine Korrektur durch eine minimalinvasive Operation erfolgen. Es wird eine Schraube zwischen Fersen- und Sprungbein außenseitig eingedreht. Diese spreizt nur die Außenseite des unteren Sprunggelenkes ab und verhindert das Ausweichen der Ferse nach außen. Die Restwachstum (2-3 Jahre) ist für diese Korrektur notwendig. Das Prinzip wird Wachstumlenkung genannt. Mehr über die Tarsale Arthrorise mit der Talus stopp Schraube.

Eine Verkürzung des Triceps surae wird durch eine minimalinvasive aponeurotische Verlängerung des Triceps surae nach Strayer  durchgeführt.

Kinder mit neurologischen Auffälligkeiten (z.B. spastische Zerebralparese) benötigen spezielle Therapiekonzepte. Hier werden entweder klassische Korrekturen wie bei neurologisch gesunden Kindern durchgeführt und das Ergebnis wird dann durch Anfertigung von Orthesen gesichert oder erfolgen direkt Versteifungen der Fußgelenke (med. Arthrodesen). Oft erfolgen bei Korrekturen Sehnenumlagerungen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Muskelgruppen.

Wenn schmerzhafte Knick-Senkfüße im Adoleszentenalter operativ versorgt werden müssen, sind bereits knöcherne Veränderungen entstanden. Hier reicht eine minimalinvasive tarsale Arthrorise nicht mehr aus. In solchen Fälle wird die Korrektur durch eine triple tarsale Osteotomie durchgeführt.  

Bei manchen tarsalen Koalitionen ist ein Erhalt der Gelenke noch möglich. Die Brücke wird entfernt und durch intensive Krankengymnastik kann die Beweglichkeit des Subtalargelenkes wiederhergestellt werden.

Rückfußversteifung bei fixiertem Plattfuß

Wenn eine Fehlstellung fixiert ist werden die verkürzten Sehnen und Bänder durchtrennt und die Rückfußgelenke in korrigierter Stellung versteift. Dadurch wird die gesamte Fußstellung verbessert, die Fehlbelastung aufgehoben und zukünftige Schäden werden vermieden (Tripel tarsale Arthrodese).

Fallbeispiele Plattfußkorrektur

Talo-calcaneare Arthrorise

mit der Talus stopp Schraube

Tripel tarsale Arthrodese

bei fixiertem Plattfuß

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